Neue Geschäfte gehen nur mit neuer Führung

Das Gros der deutschen Wirtschaft basiert auf Technologien, die vor mehr als hundert Jahren entwickelt und seitdem nur verfeinert wurden. Die Gefahr der Disruption und des Endes dieser Geschäftsmodelle wächst stark. Die deutsche Industrie muss sich dringend neu erfinden. Innovative Anwendungen oder Dienstleistungen sind aber mit der industriellen, auf Effizienz und Standardisierung angelegten (tayloristisch-fordistischen Scientific-) Managementmethode nicht zu erzielen.

Deshalb bedarf es in Deutschland überall dort, wo noch nach alter Herren Sitte geführt wird, eines neuen Führungsmodells. In der Diskussion darum hat sich der Begriff des Digital Leadership etabliert. Vor allem in seiner weiteren Interpretation, bei der es nicht nur um die Anwendung digitaler Technologien geht, sondern mit dem (endlich) ein neues, demokratisch-humanistisches, aufgeklärtes und partizipatives Management etabliert wird, verbunden mit einem entsprechenden Menschenbild. Neue Geschäfte gehen nur mit neuer Führung.

Recht exemplarisch dafür ist die Daimler AG, für die CEO Dieter Zetsche vor einigen Jahren nach seinen Eindrücken vom Silicon Valley Mindset erkannte, dass sein Konzern als Automobilkonzern keine größere Zukunft mehr haben wird und zum Tech-Unternehmen evolviert werden muss. Das äußere Zeichen dieses Neuanfangs war das Ablegen der Krawatte, die – zweifelsohne weitaus wichtigere – interne Veränderung war ein umfassendes, langfristig angelegten Programm zur Erneuerung der Führungskultur in der gesamten Konzernorganisation.

So vorbildlich Daimler agiert, so weit ist der Weg, der noch zu gehen ist. Und längst nicht alle Ikonen der deutschen Industrie sind haben die Zeichen der Zeit in der Deutlichkeit erkannt, geschweige denn, dass sie für sich die notwendig tiefgreifenden Konsequenzen gezogen hätten. Für uns alle ist zu hoffen, dass sie noch die Kurve bekommen, bevor es zu spät ist.

Dass es für die deutsche Automobilindustrie insgesamt mit dem nun deutlich werdenden Ende des Verbrennungsmotors eng wird, kann ja nicht mehr ignoriert werden. Aber andere Branchen sind ähnlich gefährdet. Wie schnell und dramatisch sogar Giganten abstürzen können, lässt sich derzeit am Fall General Electric studieren. Möge dies Warnung genug sein für unsere Konzerne in NRW, Frankfurt, Stuttgart, Nürnberg-Erlangen und München …